Wichtige Gesetzesänderung für Mieter und Vermieter von Gewerberäumen

Wichtige Gesetzesänderung für Mieter und Vermieter von Gewerberäumen

Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,

im Dezember 2020 hat der Gesetzgeber die vertragsrechtlichen Regelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie nochmals ergänzt. In Art. 240 EGBGB wurde folgende Regelung aufgenommen:

§ 7 Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Vor Inkrafttreten der Regelung ist die wohl herrschende Meinung davon ausgegangen, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, soweit sie den Geschäftsbetrieb eines Gewerberaummieters eingeschränkt haben, in dessen Risikobereich fallen. Ansprüche des Mieters auf Mietminderung und/oder Anpassung des Mietvertrags wurden im Hinblick auf diese Risikoverteilung zumeist verneint.

Öffentlich-rechtliche Beschränkungen konnten bisher nur dann einen Mangel darstellen, wenn sie ihre Ursache in der Beschaffenheit der Mietsache oder ihrer Beziehung zur Umwelt hatten. Lag die Ursache in den persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters, konnte sie keinen mietrechtlichen Mangel begründen. Grundsätzlich lag das Verwendungsrisiko für die Mietsache also beim Mieter.

Die Grundsätze vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, die in § 313 BGB normiert sind, konnten bislang nur ausnahmsweise angewendet werden, wenn der Vermieter den Mieter veranlasst hat, den Mietvertrag abzuschließen, obwohl feststand, dass die Räumlichkeiten nicht für den vereinbarten Mietzweck geeignet sind. In den sonstigen Fallgestaltungen galt die Heranziehung der Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage als ausgeschlossen, weil die mietrechtlichen Gewährleistungsbestimmungen vorrangig und abschließend galten.

Dieser Punkt hat sich nun geändert. Durch die Regelung in § 7 Art. 240 EGBGB ist die Anwendung von § 313 auf Gewerberaummietverhältnisse in Fällen, in denen staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie den Betrieb des Mieters einschränken, nun möglich.

Die Regelung führt aber nicht automatisch dazu, dass beispielsweise die Verpflichtung des Mieters, die Miete zu zahlen, entfällt. Sie beschränkt sich darauf, dass von Gesetzes wegen vermutet wird, dass die Art der Nutzung der Mietsache, die durch die staatlichen Maßnahmen ausgeschlossen wurde, von beiden Seiten als Geschäftsgrundlage für den Mietvertrag angesehen worden ist. Der Vermieter hat aber die Möglichkeit, diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen.

Wenn die Nutzungsmöglichkeit aber eingeschränkt ist und die gesetzliche Vermutung greift, kann der Mieter vom Vermieter nun die Anpassung des Vertrages an die geänderten Umstände verlangen.

In welcher Form eine solche Vertragsanpassung erfolgt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es dürfte sowohl die vorübergehende Herabsetzung der Miethöhe um einen angemessenen Prozentsatz, im Extremfall aber auch die vorzeitige Beendigung des Mietvertrages in Betracht kommen.

Letztlich muss man sich die Frage stellen, ob und wenn ja wie die Parteien den Vertrag geschlossen hätten, wenn sie die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie bedacht hätten.

Mit freundlichen Grüßen

Hermann Spindler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

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