Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts obliegt dem Arbeitgeber die Initiative, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) mit seinem erkrankten Arbeitnehmer durchzuführen, wozu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweist.
Tut er das nicht und spricht dem Arbeitnehmer gegenüber eine krankheitsbedingte Kündigung aus, so muss er in einem eventuellen Kündigungsschutzprozess im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Kündigung nicht nur darlegen, dass er den Arbeitnehmer auf keinem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz beschäftigen kann. Er muss außerdem darlegen, dass künftige Fehlzeiten des Arbeitnehmers auch nicht durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang hätten vermieden werden können (vgl. Urteil des BAG vom 20.11.2014).
Hintergrund:
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, so hat der Arbeitgeber nach § 84 SGB IX (Sozialgesetzbuch neuntes Buch- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen-) ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Hierbei soll mit der betroffenen Person sowie unter Einschaltung der zuständigen Interessenvertretungen (Betriebsrat, Personalrat etc.), und ggf. der Schwerbehindertenvertretung geklärt werden, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und unter Umständen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt werden kann.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass diese Pflicht des Arbeitgebers nicht etwa nur gegenüber schwerbehinderten Menschen besteht, sondern gegenüber allen Arbeitnehmern.
Auch sieht das SGB IX keine Kleinbetriebsklausel vor, so dass die Verpflichtung zur Durchführung eines bEM auch in allen Betrieben, unabhängig von ihrer Größe besteht.
Ebenso wenig ist erforderlich, dass ein Betriebsrat gewählt ist. Zwar ist eine Einschaltung des Betriebsrates, ebenso wie im Falle der Schwerbehinderung des betroffenen Arbeitnehmers der Schwerbehindertenvertretung, gesetzlich vorgeschrieben. Dies gilt aber nur, sofern ein Betriebsrat oder eine Schwerbehindertenvertretung im Betrieb vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, so muss der Arbeitgeber das bEM dennoch mit dem Arbeitnehmer durchführen.
Erforderlich hierzu ist selbstverständlich das Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers. Dieser kann zur Durchführung des bEM nicht gezwungen werden.
Verweigert der Arbeitnehmer allerdings das bEM und spricht der Arbeitgeber in der weiteren Folge die krankheitsbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus, so kann sich der Arbeitnehmer jedenfalls nicht darauf berufen, die Kündigung sei mangels Durchführung eines bEM oder wegen der Möglichkeit einer Wiedereingliederung des Arbeitnehmers unverhältnismäßig gewesen.
Dies gilt aber nur dann, wenn der Arbeitgeber seinen gesetzlichen Hinweispflichten in Bezug auf das betriebliche Eingliederungsmanagement nachgekommen ist.